Überreaktion des Immunsystems
Eine Überreaktion des Immunsystems auf einen harmlosen Stoff – die Folgen sind oft lästig, manchmal ernst.
Von Daniela Frank, Juliane Gutmann • Wissenschaftliche Prüfung: Dr. med. Monika Lausberg, Aktualisiert am
Kurz zusammengefasst
Eine Allergie ist eine Überreaktion des Immunsystems auf einen eigentlich harmlosen Stoff. Je nach Auslöser können Symptome wie tränende und juckende Augen, Niesreiz, Magen-Darm-Beschwerden oder Hautreaktionen auftreten, im Extremfall ein allergischer Schock. Fast jeder oder jede dritte Deutsche ist im Laufe des Lebens von einer Allergie betroffen. Am besten hilft es, die Auslöser zu meiden. Alternativ gibt es Tabletten, Sprays oder Augentropfen. Manchmal kommt eine Hyposensibilisierung infrage.
Erdnüsse knabbern, neben einer blühenden Wiese spazieren, die Katze von nebenan streicheln: Die gewöhnlichsten Tätigkeiten können für Menschen mit Allergien zum Problem werden. Ihr Körper reagiert je nach Art der Allergie abwehrend auf körperfremde Substanzen wie Pollen oder Tierhaare, sogenannte Allergene. Äußern kann sich das auf unterschiedliche Weise, zum Beispiel durch tränende und juckende Augen, Niesreiz, Magen-Darm-Beschwerden oder Hautreaktionen. Bei manchen Allergien droht im schlimmsten Fall ein allergischer Schock, der zum Atem- und Kreislaufstillstand führen kann.
Ob schwer oder leicht ausgeprägt: Viele Menschen leiden an Allergien. Fast jeder oder jede dritte Deutsche ist im Laufe des Lebens betroffen[1]. Am weitesten verbreitet ist dabei die Pollenallergie, die sich vor allem als Heuschnupfen äußert. Wer eine Pollenallergie hat, blickt dem Frühling deshalb oft wenig entspannt entgegen. Aber auch andere Allergien können die Lebensqualität einschränken: Kontaktallergien, allergisches Asthma bronchiale und Allergien gegen Nahrungsmittel, Hausstaubmilben oder Insektengifte.
Welche Symptome treten bei einer Allergie auf?
Je nach Art der Allergie können ganz unterschiedliche Symptome auftreten. Zum Beispiel[2]:
- tränende und juckende Augen, eventuell mit Schwellungen oder einer Bindehautentzündung
- Niesreiz
- laufende Nase
- Atemprobleme bis hin zur Atemnot
- Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Übelkeit
- juckende Quaddeln und Ekzeme auf der Haut
- allergischer Schock: Er beginnt mit kribbelnden Handflächen und Fußsohlen, dann folgt ein Hitzegefühl, schneller Puls und Blutdruckabfall. Schlimmste Folge können Atem- und Kreislaufstillstand sein.
Was passiert bei einer Allergie im Körper?
Nimmt der Körper eine fremde Substanz über den Magen-Darm-Trakt, die Nase oder die Haut auf, prüft das Immunsystem, ob es sich um einen Krankheitserreger handelt. Ist das der Fall, wird er durch eine komplexe Abwehrreaktion bekämpft. Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem über: Es wehrt sich plötzlich gegen harmlose Stoffe, die zum Beispiel in Pollen oder Nüssen vorkommen. Beim ersten Kontakt erkennt das Immunsystem den jeweiligen Stoff fälschlicherweise als schädlich – es kommt zur sogenannten Sensibilisierung. Bei erneutem Kontakt tritt dann die Abwehrreaktion auf mit den typischen Symptomen einer Allergie.
Wie unterscheiden sich die vier Allergietypen?
Je nachdem, auf welche Weise das Immunsystem auf einen Stoff reagiert, unterscheidet man grundsätzlich vier verschiedene Allergietypen, von denen Typ I und Typ IV am häufigsten vorkommen[3]:
- Typ I-Allergien: Rund 90 Prozent aller Allergien zählen zum Typ I, auch IgE-vermittelte Allergie oder Allergie vom Soforttyp genannt. Darunter fallen zum Beispiel Allergien gegen Gräser- und Baumpollen, Hausstaubmilben, bestimmte Arznei- und Nahrungsmittel, Bienen- und Wespengift sowie gegen Tierhaare. Das Immunsystem bildet dabei Antikörper der Klasse IgE (Immunglobulin E) gegen das Allergen, um es zu bekämpfen. Die IgE-Antikörper veranlassen die Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen wie Histamin, wenn sie das Allergen wiedererkennen. Das löst Symptome wie Schwellungen der Haut oder Schleimhäute aus – und das bereits einige Minuten bis wenige Stunden nach dem Kontakt mit dem Allergen.
- Typ II-Allergien: Hier bildet das Immunsystem Antikörper gegen Bestandteile der Oberfläche von Körperzellen. Wenn die Antikörper diese Zellstrukturen erkennen, aktivieren sie das Abwehrsystem. Dieses wiederum bekämpft die Körperzellen. Deshalb sprechen Mediziner auch vom zytotoxischen Allergietyp, was soviel bedeutet wie "giftig für Zellen". Eine derartige Reaktion des Immunsystems tritt ebenfalls rasch auf und kann sich zum Beispiel gegen rote Blutzellen richten, wenn Blut einer falschen Blutgruppe übertragen wurde. Aber auch bestimmte Medikamente können Auslöser sein.
- Typ III-Allergien: Bei dieser Form der Allergie bilden sich Immunkomplexe aus Allergenen und Antikörpern, die sich im Gewebe (zum Beispiel in der Niere) oder in Gelenken ablagern können und dort Entzündungen hervorrufen. Das kann Stunden oder Tage, aber auch Monate dauern. So kann zum Beispiel eine Gefäßentzündung entstehen: eine Vasculitis allergica. Sie macht sich oft durch punktförmige dunkelrote Einblutungen an Beinen oder Gesäß bemerkbar. Aufgrund der Entzündung können Blutgerinnsel entstehen, die die Durchblutung des betroffenen Gewebese stören können. Auslöser können chronische Infektionen, Autoimmunprozesse oder bestimmte Umweltstoffe wie Schimmelpilze oder Taubenantigene sein. Ist die Lunge betroffen, entsteht zum Beispiel die sogenannte Farmer- oder Taubenzüchterlunge.
- Typ IV-Allergien: Weil zwischen Kontakt und Krankheitszeichen 24 bis 72 Stunden vergehen können, nennen Mediziner diesen Typ auch Allergie vom Spättyp. Ein typischer Vertreter ist das allergische Kontaktekzem, das beispielsweise von Nickel oder Duftstoffen ausgelöst wird. Allergenspezifische Immunzellen, sogenannte T-Helfer-Lymphozyten, sind für die Entstehung verantwortlich. Diese befinden sich teils im Blut, teils in Lymphknoten im Unterhautgewebe. Kommt der Betroffene nach der Sensibilisierung erneut in Kontakt mit demselben Allergen, wandern die allergenspezifischen T-Helfer-Zellen in die Haut ein und lösen ein allergisches Kontaktekzem aus.
Es gibt eine anlagebedingte Bereitschaft, auf harmlose Stoffe wie Baum- oder Gräserpollen mit einer IgE-vermittelten Allergie zu reagieren. Diese Veranlagung nennen Ärzte atopische Diathese oder atopische Konstitution. Menschen mit dieser Veranlagung leiden häufiger an Heuschnupfen, allergischem Asthma bronchiale und Nahrungsmittelallergien als andere. Gleichzeitig neigen sie dazu, eher als andere eine Neurodermitis (atopisches Ekzem) zu entwickeln. Die Neurodermitis an sich zählt aber nicht zu den allergischen Erkrankungen. Allergene können dabei eine Rolle spielen, müssen es aber nicht.
Verschiedene Allergien im Überblick
- Allergie gegen Haustiere: Was hilft?
- Allergien bei Kindern: Insektengift
- Aspergillose: Wenn Schimmel krank macht
- Heuschnupfen – allergischer Schnupfen
- Insulinallergie
- Kreuzallergien: Wenn Pollen den Appetit verderben
- Latexallergie (Naturlatexallergie)
- Lebensmittelallergien
- Nickelallergie
- Sonnenallergie: Wie man dem Ausschlag vorbeugen kann
- Was ist eine Hausstaubmilbenallergie?
- Wie zeigt sich eine Arzneimittelallergie?
Wie stellt der Arzt oder die Ärztin eine Allergie fest?
Nickelhaltige Knöpfe, parfümiertes Deodorant, Tierhaare oder Baumpollen? Um herauszufinden, auf welchen Stoff Betroffene allergisch reagieren, führt ein Allergologe oder eine Allergologin zuerst ein Anamnese-Gespräch durch. Darin wird er oder sie fragen, wie sich die Beschwerden äußern und in welchen Situationen sie auftreten. Je nachdem, auf welchen Allergieauslöser der Verdacht fällt, gibt es mehrere Verfahren zur Diagnostik:
- Pricktest: Wird eine Typ I-Allergie vermutet, ist der Pricktest als häufigste Hauttestmethode die erste Wahl. Die Allergieauslöser, die im Verdacht stehen, träufelt der Arzt oder die Ärztin in einer entsprechenden Lösung auf die Innenseiten der Unterarme und sticht sie mit einer Lanzette leicht in die Haut ein. Reagiert das Immunsystem auf den Fremdstoff, bildet die Haut innerhalb von kurzer Zeit eine Quaddel und rötet sich.
- Bluttest: Er wird häufig ergänzend zum Pricktest eingesetzt und kann die IgE-Antiköper im Blut bestimmen, die gegen bestimmte Allergene gerichtet sind.
- Patch-Test (Epikutantest): Bei Verdacht auf eine Kontaktallergie, also eine Typ IV-Allergie, wenden Ärzte und Ärztinnen den Patch-Test an. Dazu kleben sie Allergenzubereitungen für rund 48 Stunden auf den Rücken auf. Reagiert das Immunsystem, bildet sich ein Ekzem oder es entstehen Bläschen.
- Provokationstest: Der oder die Betroffene wird hier direkt mit dem Allergen konfrontiert, so wie es tatsächlich in der Realität passieren könnte. Dazu träufelt der Arzt oder die Ärztin zum Beispiel eine Allergenlösung direkt auf Nasenschleimhaut oder Augenbindehaut. Bei einer vermuteten Nahrungsmittelallergie isst der oder die Betroffene die verdächtigten Lebensmittel. Wichtig: Ein solcher Test muss ärztlich gut überwacht werden. Überlichweise findet er in einer Klinik statt, denn er könnte eine schwere allergische Reaktion auslösen, die sofort behandelt werden muss.
Was hilft bei einer Allergie?
Sind die Allergieauslöser enttarnt, verhindern Betroffene die Beschwerden am besten, indem sie die jeweiligen Allergene meiden. Das kann bedeuten, sich von einem Haustier zu trennen, auf bestimmte Nahrungsmittel zu verzichten oder bestimmte Metalle oder Duftstoffe zu meiden. Bei einer Hausstauballergie sollten Betroffene das Schlafzimmer regelmäßig reinigen, es kühl und trocken halten, viel lüften sowie spezielle Bettüberzüge benutzen. Bei Heuschnupfen hilft es bis zu einem gewissen Grad, nur zu bestimmten, an den Pollenflug angepassten Tageszeiten zu lüften oder draußen joggen zu gehen – außerdem, vor dem Schlafen gehen zu duschen und die mit Pollen belastete Kleidung außerhalb des Schlafzimmers zu lagern.
Bei Hausstaub- und Pollenallergien ist es allerdings kaum möglich, die Allergene komplett zu meiden. Dann können Medikamente wie Tabletten, Sprays oder Augentropfen, zum Beispiel mit Antihistaminika oder Kortison die Symptome lindern. Wer eine Insektengiftallergie hat, sollte immer ein Notfallset bei sich tragen, wenn er oder sie sich im Freien bewegt.
Allergien vom Soforttyp können außerdem manchmal mithilfe einer allergenspezifischen Immuntherapie behandelt werden, auch Hyposensibilisierung oder Desensibilisierung genannt. Dabei spritzt der Arzt oder die Ärztin dem oder der Betroffenen über einen gewissen Zeitraum hinweg regelmäßig kleine Mengen des allergieauslösenden Stoffes. In manchen Fällen kann das Allergen auch in Form von Tabletten oder Tropfen mit der Mundschleimhaut in Kontakt gebracht werden. Ziel dieser Therapie ist es, das Immunsystem an die Allergene zu gewöhnen und so dessen überschießende Reaktion abzuschwächen.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.
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